Den unmittelbaren Eindruck den man erhält, wenn man den Ätna überfliegt oder diesen als plastisches Modell vor sich hat, ist, dass dem perfekten Vulkankegel eine große Scheibe fehlt, in der Dimension eines ganzen Seitenhangs, so, als hätte man mit einer gigantischen Tortenpalette die ganze östliche Flanke entnommen. Was bleibt, ist eine enorme Depression mit einem nahezu platten Boden, gepflastert mit erstarrten Lavafeldern historischer und prähistorischer Eruptionen. Das Tal ist von steilen Hängen umgeben, mit Neigungen zwischen 35 und 45 Grad und einer Höhe von bis über einem Kilometer, oft in Form einer langen Reihe von scharfen Kämmen und breiten Schuttkanälen.

Das Tal “Valle del Bove” misst von West nach Ost 7 km und von Nord nach Süd 6 km. Seine Form erinnert an einen Hufeisen und weist mit der offenen Seite Richtung Osten.
Im Norden ist das Tal von einer langen, bis zu 200 Meter hohen Wand eingeschlossen, genannt “Serra Concazze” aufgrund der Anwesenheit von zahlreichen Kratern und leichten Depressionen (große Becken) an deren oberen Rändern. Die Wand der Serra Concazze ist nicht einheitlich und präsentiert sich mit einigen hervorstehenden Gipfeln, Höhepunkte sekundärer Kämme. Die wichtigsten sind:
– Rocca della Valle, 2700 m
– Monte Scorsone, 1600 m
– Rocca Capra, 1400 m
Im Süden wird das Tal von einer Wand abgegrenzt, deren Höhe bis zu 400 Meter misst. Die “Serra del Salifizio” gipfelt auf 2’640 Metern Höhe, auf dem beeindruckenden pyroklastischen Kegel der “Montagnola“, entstanden im Laufe der Eruption von 1763. Die Serra del Salifizio, die im westlichen Abschnitt den Namen “Schiena dell’asino“, “Rücken des Esels”, innehat, ist ziemlich einheitlich. Der einzige nennenswerte Gipfel ist der “Monte Zoccolaro” mit 1’715 Metern Höhe.
Im Westen, in Richtung der Gipfelkrater, wird die Valle del Bove schließlich vom Rand des “Piano del Lago” auf rund 2’700 Metern Höhe von einer mächtigen Wand getrennt, die 1’000 Meter Höhendifferenz übersteigt. Die westliche Wand gliedert sich in zahlreiche achteckige Kämme:
– Serra Perciata
– Serra Vavalaci
– Serra Cuvigghiuni
– Serra Giannicola grande
– Serra Giannicola piccola
Entlang aller “Serre” des Tals findet man einzigartige felsige Formationen aus erstarrter Lava und pyroklastischem Gestein, die von zahlreichen, weniger erosionsanfälligen Dämmen gekreuzt werden. Diese schützen die Kämme vor Erosion und geben ihnen Halt und Struktur.

Die Valle del Bove ist schon immer von großer Bedeutung für das Verständnis der Geschichte des Ätna gewesen. Die Exposition der Felsen an den steilen Wänden der “Serre” ermöglicht die Untersuchung der vulkanischen Sequenzen. Die Orientierung der Dämme gibt uns zu verstehen, welche die tektonischen Richtungen sind, die die Magmaströme zur Oberfläche führen. Die vulkanischen “Serre”, die an den Wänden der Valle del Bove zu finden sind, können auf verschiedene, heute fast vollständig erodierte, eruptiven Zentren zurückgeführt werden, mit unterschiedlichen eruptiven Achsen und petrochemisch differenzierbar.
Die Geologen haben die Studienmöglichkeiten, die die Wände dieses Tals bieten, noch nicht ausgeschöpft, und haben noch nicht in allen Details den Ursprung klären können. Die Valle der Bove bleibt ein Geheimnis, so faszinierend wie ein September-Sonnenaufgang zwischen den Lavatürmen.
Dott. Ferlito Carmelo